Zwischen Willkommenskultur und Behördenversagen
Autor: Prof. Dr. Dietrich Thränhardt
Mit der Öffnung der Grenzen für die Flüchtlinge aus Budapest hat sich die Flüchtlingspolitik in Deutschland und in Europa verändert. An die Stelle der „Eindämmung der Asylmigration“ (de Maizière) ist eine engagierte Aufnahmebereitschaft getreten, die breite Unterstützung in der Gesellschaft findet. Ohne diese spontane und oft gut organisierte Aktivität aus der Zivilgesellschaft hätte die Erstaufnahme nicht bewältigt werden können. Die Zivilgesellschaft kann auch bei den weiteren Integrationsschritten eine wesentliche Rolle spielen, und zwar am besten dann, wenn auch der Staat seine Aufgaben erfolgreich wahrnimmt. Die meisten Länder und Kommunen haben schon bisher Bemerkenswertes geleistet, vor allem bei der Erstunterbringung vieler Menschen.
Problematisch ist die schleppende Aufgabenerfüllung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Schon seit 2008 hatte es Jahr zu Jahr stetig zunehmend einen Berg unbearbeiteter Anträgen angehäuft, Ende 2014 waren es 169.000. Trotz der Ankündigung von 2000 neuen Stellen für das BAMF, die seit Mai 2015 immer wiederholt wird, sieht es nicht so aus, als ob der Flaschenhals bei der Bearbeitung beseitigt werden wird. Es steht zu befürchten, dass allein im Jahr 2015 zusätzlich über 500.000 Asylanträge nicht bearbeitet werden. Wird das BAMF nicht effektiv gemacht, so drohen mittelfristig eine Million Asylbewerber in einen ungeregelten Zwischenstatus zu geraten und in ihrer Integration gebremst zu werden.
Autorenportrait:
Prof. Dr. Dietrich Thränhardt ist Politikwissenschaftler und Mitglied im Rat für Migration. Er ist Herausgeber der „Studien zu Migration und Minderheiten“ und lehrt an der Universität Münster Vergleichende Regierungslehre und Migrationsforschung.
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