Sektionen des Rats für Migration

Bildung und Sprache

Die Veränderung der nationalen Gesellschaften infolge der weltweiten Migrationen im Kontext von Globalisierung ist inzwischen nicht mehr zu ignorieren. Dies gilt für alle gesellschaftlichen Bereiche und somit auch für das Feld Bildung und Sprache, und auch für Sprache im öffentlichen Raum. Zu den zentralen Aufgaben von Bildung gehört es, die Orientierungs-, Verständigungs- und Handlungsfähigkeit aller in der Gesellschaft zu gewährleisten. Dies ist der Auftrag für alle öffentlichen Bildungseinrichtungen, angefangen von der frühkindlichen Bildung, über die Schule bis zur beruflichen oder hochschulischen Bildung und gilt ebenso für viele Bereiche der Erwachsenenbildung. Sprache spielt darüber hinaus in anderen öffentlichen Einrichtungen eine zentrale Rolle.
 
Bildung und sprachliche Bildung in der Migrationsgesellschaft stellt alle Bildungseinrichtungen vor große strukturelle, inhaltliche und somit konzeptionelle Herausforderungen. Denn sie sind ­ – von ihrer Geschichte her – darauf ausgerichtet worden, die nationale Zugehörigkeit in der für die Nation als gemeinsam anerkannten Sprache zu befördern. Dies hat die Beschäftigung mit anderen Bildungskonzepten und anderen Sprachen nicht grundsätzlich ausgeschlossen; diese wurden jedoch als ‚fremd’ markiert und nur selten als bildungsrelevant angesehen. Angesichts von Migration im Kontext von Globalisierung und europäischer Integration wird dieser historische Umgang mit kultureller und sprachlicher Vielfalt seit längerem in der migrationsbezogenen Bildungs- und Sprachforschung infrage gestellt, kritisch diskutiert und neu überlegt.
 
Die Sektion Bildung und Sprache versteht sich als Forum für den Austausch aller Mitglieder des Rats für Migration (RfM), die zu Fragen von Bildung und Sprache in der Migrationsgesellschaft forschen und lehren. Ziel der Arbeit in der Sektion ist zum einen der Austausch untereinander wie auch mit den anderen Sektionen des Rats für Migration. Zum anderen wird über die Veröffentlichung von Diskussions- und Forschungsergebnissen und im Rahmen von Vorträgen und Tagungen Austausch und Diskussion über den RfM hinaus gesucht.
 

Aktuelle Beiträge

Am 7. und 8. November 2019 fand die von der Sektion organisierte Jahrestagung “Sprache • Macht • Bildung” in Berlin statt.

Sektionssprecher*in

Prof’in. Dr. Galina Putjata (Goethe-Universität Frankfurt am Main)

Email: bildung@rat-fuer-migration.de

Postmigrantische Gesellschaft

Die Sektion postmigrantische Gesellschaft im Rat für Migration bietet ein Forum, Themen wie Zugehörigkeit und Rassismus zu diskutieren und analytisch weiter zu entwickeln. Die Sektion beschäftigt sich mit den durch Migration verursachten politischen, kulturellen und sozialen Transformationen in Deutschland. Die Erfahrung und Wahrnehmung der Arbeitsmigration strukturiert die gesamte deutsche Gesellschaft und ihren Umgang mit Wanderungsbewegungen und ist auch für alle aktuellen Formen der Einwanderung wie z.B. Flucht und temporäre Migration politisch, rechtlich und sozial bedeutsam.

Mit der gesellschaftlichen Pluralisierung kommt es zur Neuformation rassistischer Ein- und Ausschlüsse, die eine neue Form der Rassismusanalyse notwendig machen. Der Umgang mit ethnischer und religiöser Vielfalt ist in Deutschland noch immer nicht selbstverständlich. Auf Migration fokussierte Zuschreibungen erzeugen vielmehr immer neue Formen von Ein- und Ausschluss. Somit sind die Pluralisierung der Gesellschaft und das Erstarken von Kräften, die gegen Pluralität gerichtet sind, wie sie sich z.B. in Großdemonstrationen gegen Flüchtlinge und Muslime oder in hohen Wahlergebnissen populistischer Parteien manifestieren, kein Paradox, sondern vielmehr als neues gesellschaftliches Kräfteverhältnis zu verstehen. Postmigrantische Situationen sind geprägt durch postnationale Wahrnehmungs- und Handlungsräume von Biografien, deren Selbstverhältnisse sich zwar nicht notwendigerweise auf eigene Migrationserfahrungen beziehen, aber zwischen Mehrfachzugehörigkeiten und Mehrfachdiskriminierungen positioniert sind. 

Laufende Projekte

Planung einer Tagung “10 Jahre postmigrantische Gesellschaft”

Sektionssprecher*in
 
Dr. Jasmin Donlic (Universität Klagenfurt)

E-Mail: Jasmin.Donlic@aau.at

Dr.in Veronika Kourabas (Universität Bielefeld)

E-Mail: veronika.kourabas@uni-bielefeld.de

Migration, Flucht und Europäisches Grenzregime

Das aktuelle Grenzschutz-System der Europäischen Union ist gescheitert. Die bisherige Grenzschutzpolitik hat sich als katastrophal erwiesen: Sie konnte weder Migranten daran hindern, illegal in die EU einzuwandern, noch konnte sie verhindern, dass tausende Menschen auf der Überfahrt ums Leben kommen. Es ist also längst an der Zeit, vom Kontroll-orientierten, militärischen Ansatz Abschied zu nehmen, der bislang die Grenzpolitik der EU gekennzeichnet hat. Oft heißt es, wenn die Abschottungsregeln gelockert würden, würde eine unkontrollierbare Masse illegaler Einwanderer die Außengrenzen der EU stürmen. Dafür gibt es jedoch keine empirischen Belege. Die Sektion Grenze im Rat für Migration beschäftigt sich mit der Frage, wie eine humanitäre Grenzschutzpolitik aussehen könnte, die vermeidet, dass Menschen bei dem Versuch Europa zu erreichen sterben. Außerdem widmen sich die Mitglieder der Sektion analytisch-kritisch den Entwicklungen in den verschiedenen Regionen.

Aktuelle Beiträge

Sektionssprecher*in

Prof. Dr. Albert Scherr (Pädagogische Hochschule Freiburg)

Prof. Dr. Vassilis Tsianos (Fachhochschule Kiel)

Email: grenze@rat-fuer-migration.de

Gender und Sexualität

Gender und Sexualität sind nach wie vor in gesellschaftspolitischen Diskussionen über Migration und Integration ein vernachlässigtes Thema. Kommt es dennoch zu öffentlichen Diskussionen, werden beide Aspekte vielfach auf der Ebene stereotypisierender Darstellungen skandalisiert. Allzu häufig entsteht dabei der Eindruck, dass es sich hier um ein Spezialthema handelt. Die Sektion Gender und Sexualität versteht insbesondere deshalb die Aspekte Gender und Sexualität als gesellschaftliches Querschnittsthema und als wesentlichen Bestandteil nationalstaatlicher Regulierungen in Migrationsprozessen. Die Mitglieder der Sektion Gender und Sexualität im Rat für Migration beschäftigen sich mit Fragen nach Ausgrenzungspraktiken und Regulierungsmaßnahmen im Kontext von Gender und Sexualität in der Migrationsgesellschaft. Das Ziel der Sektion ist es, die damit verbundenen gesellschaftspolitischen Zusammenhänge offen zu legen. Mit ihrer Arbeit will die Sektion einen Beitrag zur differenzierten Auseinandersetzung auf allen fachlichen und öffentlichen Ebenen und insbesondere mit Blick auf Migrations- und Integrationspolitik leisten.

Aktuelle Beiträge

Artikel zu Gender und Migration vom 14.12.2017: “Was #MeToo und die Kölner Silvesternacht eint”

Organisation der Jahrestagung “Gender und Migration als Bildungsfaktoren”, 9.-10. November 2017 in Berlin.

Sektionssprecher*in

Dr. Meltem Kulacatan (Goethe-Universität Frankfurt am Main)

Prof. Dr. Helma Lutz (Goethe-Universität Frankfurt am Main)

Email: gender@rat-fuer-migration.de

 

Religion

Weitere Informationen folgen in Kürze.

Aktuelle Beiträge

Jahrestagung 2018 mit dem Titel “Living with Islamophobia” am 11. und 12. Oktober 2018 in Berlin.

Sektionssprecher*in

Prof. Dr. Riem Spielhaus (kommissarisch; Georg-August-Universität Göttingen)

Email: religion@rat-fuer-migration.de

Stadt und Region

Lokale Kontexte haben eine große Bedeutung für Migrations- und Integrationsprozesse. Integration findet immer vor Ort, das heißt in und durch Kommunen statt. Auch Migrationen, ihre Beeinflussungsversuche und ihre unterschiedlichen Folgen versteht man nicht, wenn man sich nur an Nationalstaaten oder (inter-)nationale Politik hält. In den verschiedenen Regionen, Städten und Landkreisen Deutschlands, zum Beispiel, trifft man auf sehr ungleiche Rahmenbedingungen in Bezug auf Bevölkerungsstruktur, Wohnen, sozialräumliche Segregationen, (Aus-)Bildung und Aufstiegsmöglichkeiten, Arbeitsmarkt, Gesundheitsversorgung, technische Infrastruktur, Willkommens- oder Protestkultur, die Erfahrung des Umgangs mit Fremdheit oder politisch-administrative Maßnahmen. Diese lokal spezifischen und variierenden Bedingungen beeinflussen sowohl Eingliederungs- und Teilhabeprozesse als auch interkulturelle und translokale Beziehungen. Während Stadtentwicklung nicht ohne Migration denkbar ist und während (Groß-)Städte faszinierende Integrationsmaschinen sind, die mit ihren super-diversen Wohnbevölkerungen und ihren neuen Eliten heute erneut zu Laboren der Zukunft werden, werden ländliche Räume und kleinere Städte oft übersehen. Ihre besondere Funktion in der und für die Migrationsgesellschaft lässt das lange Flüchtlingsjahr 2015 erahnen.

Die Sektion Stadt und Region geht von der Heterogenität sowohl der Migrant(inn)en und ihrer Nachkommen als auch der regionalen und städtisch-lokalen Kontexte aus. Ihr Ziel ist es, die kommunalen und regionalen Migrations-, Flüchtlings-, Integrations- und Vielfaltsverhältnisse und -politiken vor dem Hintergrund aktueller Forschungsergebnisse kritisch zu diskutieren und zu kommentieren.

Aktuelle Beiträge

Stellungnahme zum Thema Vielfalt in Städten vom 14. August 2017: „Städte haben das Potenzial, gesellschaftliche Vorreiter zu sein“.

Sektionssprecher*in

Prof. Dr. Sebastian Kurtenbach (FH Münster)

Prof. Dr. Andreas Pott (Universität Osnabrück)

Email: stadt@rat-fuer-migration.de

 

Rassismus

Für die letzten Jahre können wir beobachten, dass in öffentlichen Diskussionen verstärkt über Rassismus, seine strukturellen Dimensionen und Ausprägungen verhandelt wird. Auch die Bundesregierung hat sich mittlerweile zur Aufgabe gemacht, Rassismus in Deutschland effektiv und nachhaltig zu bekämpfen. Diese Entwicklungen sind auch Resultat der Forschungen zu Rassismus im deutschsprachigen Raum. Deren Erkenntnisse legen schon seit den späten 1980er Jahren die Problemlagen in der deutschen Gesellschaft offen. Die Sektion „Rassismus“ knüpft mit ihrer Arbeit an internationale Forschungstraditionen an und erweitert Rassismusanalysen durch intersektionale, postkoloniale und trans- und internationale Blickwinkel. 

Die aktuellen Ergebnisse der Studie „Rassistische Realitäten“ des Nationalen Diskriminierungs- und Rassismusmonitors (NaDiRa) zeugen von einem zunehmenden Bewusstsein für Rassismus in Deutschland. 90 % der Bevölkerung geben in dieser Studie an, dass es Rassismus in Deutschland gibt, 61 % sind davon überzeugt, dass Rassismus den Alltag von Menschen prägt und etwa zwei Drittel der Gesamtbevölkerung gibt an, einmal direkt oder indirekt (durch Beobachtungen eines rassistischen Vorfalls) mit Rassismus in Berührung gekommen zu sein (DeZIM 2022: 101).

Neben den alltäglichen Ausprägungen des Otherings („Wo kommen Sie denn her?“), hat auch der rassistisch begründete Terror der letzten Jahre zu einer stärkeren Auseinandersetzung geführt, mit der die begrenzte Aufarbeitung von Anschlägen und Morden problematisiert und auf das Versagen von Polizei und Justiz im Kontext institutioneller Formen eines staatlichen Rassismus hingewiesen wird. Das von der EU seit Jahren hingenommene Sterben im Mittelmeer ist ebenfalls Symptom dieses Versagens. Rassismus war aber auch schon vorher nicht nur ein Phänomen in rechtsextremistischen Milieus bzw. Gruppierungen (vgl. Beauftragte der Bundesregierung für Antirassismus 2023).

Zivilgesellschaftliche Initiativen ebenso wie wissenschaftliche Theorie und Forschung weisen seit langem darauf hin, dass es wandelbare und spezifische Formen von Rassismus gibt, zu denen auch der Antisemitismus gehört. In der Sektion wird das Verhältnis von Antisemitismus- und Rassismusforschung diskutiert. Diese zeigen sich auf der Ebene von individuellen Einstellungen als auch in Handlungsmustern und Verfahren von Organisationen, die in historisch gewachsene Wissensbestände und Differenzordnungen eingeflochten sind. Ebenso verstärkt struktureller Rassismus intersektional mit Sexismus und Klassismus soziale Ungleichheiten. Institutioneller Rassismus zeigt sich in der Ermöglichung von individuellem Rassismus durch einen Mangel an Beschwerdemöglichkeiten, kritischer Selbstreflexion oder fehlender Rechenschaftspflicht und Aufsicht. Rassistische Praxis beginnt im Kleinen bei Privilegierungen und Bevorzugungen, und reicht bis zu organisiertem neonazistischem Terror. Er zeigt sich aber auch in dem Wunsch Rassismus zu de-thematisieren oder die rassistischen Erfahrungen von Individuen zu bagatellisieren.

Um die aktuellen Entwicklungen im politischen Diskurs und in der Öffentlichkeit weiterhin kritisch zu begleiten, hat die RfM-Sektion „Rassismus“ ihre Arbeit aufgenommen.

Die Sektion „Rassismus“ im Rat für Migration hat das Ziel, Rassismus in der postkolonialen Gesellschaft, die vom rassistischen Erbe des Nationalsozialismus und von postsozialistischen Problemen weiter geprägt ist, zu thematisieren und zu hinterfragen. Dazu gehören sowohl die Erkennung, Bekämpfung und Verringerung von institutionellem/strukturellem Rassismus in Bereichen wie Polizei, Justiz, Bildung und Gesetzgebung (z.B. Ausländer- bzw. Asylrecht) als auch die Entwicklung und Förderung von rassismuskritischen und antirassistischen Ansätzen.

Ziele

Die Sektion setzt sich mit ihrer Gründung zum Ziel, den kontinuierlichen Austausch mit Kolleg*innen/Institutionen, die sich mit Erhebungs- und Monitoringverfahren zu institutionellem/strukturellen Rassismus beschäftigen (systematische Untersuchung von scheinbar selbstverständlichen Regeln, Handlungsroutinen, Wissensbeständen und darauf beruhenden Selbstverständlichkeiten in einer Organisation/Institution) zu fördern. Sie beobachtet und kommentiert rechtliche Entwicklungen, z.B. geplante Reformen des Staatsangehörigkeitsgesetzes oder die Streichung vom “Rasse”-Begriff aus dem Grundgesetz und analysiert die möglichen Auswirkungen für die Rechtsprechung und den Diskriminierungsschutz. Sie unterstützt die Arbeit politischer Gremien, die sich für Antirassismus einsetzen, durch fachliche Beiträge und Kooperationen. Sie organisiert in regelmäßigen Abständen Fachveranstaltungen, bei der sie sich mit anderen Akteur*innen der rassismuskritischen / antirassistischen Arbeit austauscht und vernetzt. Sie beteiligt sich an der Debatte um die Streichung vom “Rasse”-Begriff aus dem Grundgesetz und analysiert die möglichen Auswirkungen für die Rechtsprechung und den Diskriminierungsschutz. Sie setzt sich für die Stärkung von Antidiskriminierungsrecht, -politik und -praxis ein.

Beschlossen am 08.09.2023

Gründungspapier als pdf-Datei: Gründungspapier RfM-Sektion Rassismus

Aktuelle Beiträge

Sektionssprecher*in

Prof. Dr. Ayça Polat (Hochschule Osnabrück)

Dr. Linda Supik

E-Mail: rassismus@rat-fuer-migration.de