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PM: Migrationspolitik sollte Krisenmodus verlassen 

Pressemitteilung vom 7. Juni 2019

Gesetzesänderungen: Migrationspolitik sollte Krisenmodus verlassen

Der Rat für Migration (RfM) – ein Zusammenschluss von über 150 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern – kritisiert das Migrationspaket, das heute im Bundestag verabschiedet werden soll. Es beinhalte erhebliche Verschlechterungen für Schutzsuchende, so der Rat. Das Paket werde zu schnell und ohne konstruktive Diskussion mit zivilgesellschaftlichen Organisationen oder Landesministerien beschlossen.

Expertinnen und Experten des Rats zum Migrationspaket:

Dr. Constantin Hruschka, Rechtswissenschaftler am Max-Planck-Institut für Sozialrecht und Sozialpolitik München: „Dem Migrationspaket fehlt es rechtlich und praktisch an der notwendigen Balance. Im Wesentlichen wird einseitig auf Sanktionen und Leistungskürzungen gesetzt. Dies nützt weder der notwendigen Anwerbung von Fachkräften noch der Durchsetzung der Ausreisepflicht – und schon gar nicht der Integration von Personen, die langfristig in Deutschland bleiben. Das Recht entfernt sich noch weiter als ohnehin schon von den praktischen Bedürfnissen in Wirtschaft und Gesellschaft. Der Gesetzgeber sollte jetzt den Krisenmodus verlassen und die mehr als 30 Änderungsgesetze der letzten Jahre evaluieren. Nach einer umfassenden Einbindung aller relevanten Akteure sollte ein konsolidierter, breit abgestützter Entwurf für eine echte Ordnung des migrationsrechtlichen Rahmens erarbeitet und umgesetzt werden.“

Prof. Dr. Yasemin Karakaşoğlu, Vorsitzende des RfM und Erziehungswissenschaftlerin an der Universität Bremen: „Das monatelange Ringen um das sogenannte Migrationspaket beinhaltet auch nach einigen Nachbesserungen überwiegend Verschlechterungen – trotz massiver Kritik der Zivilgesellschaft an den Gesetzesvorhaben. Das Paket vermittelt weiterhin gesellschaftlich die Botschaft der Migration als Krise und nicht als Normalität und Chance. Restriktive Maßnahmen gegen Ausreisepflichtige sollen den staatlichen Durchsetzungswillen beweisen und gehen auf Kosten der Sicherung der Menschenrechte.“

Prof. Dr. Thomas Groß, Rechtswissenschaftler an der Universität Osnabrück: „Das Gesetzespaket enthält deutlich mehr Verschlechterungen als Verbesserungen. Während die Einwanderung für beruflich qualifizierte Personen erleichtert wird, wird die Rechtsposition erwerbstätiger Geduldeter, die man nicht erst im Ausland suchen muss, weil sie schon hier leben, aus ideologischen Gründen nicht angeglichen. Die Ausweitung der Abschiebehaft ist in vielerlei Hinsicht mit den Menschenrechten nicht vereinbar.“

Prof. Dr. Albert Scherr, Soziologe an der Pädagogischen Hochschule Freiburg: „Die Bundesregierung verfügt über keine verlässlichen Informationsgrundlagen für die behauptete Notwendigkeit, die Zahl der Abschiebungen durch repressive Maßnahmen steigern zu müssen. Im Kern handelt es sich um voraussichtlich ineffektive Maßnahmen, die auf dem Rücken von Menschen ausgetragen werden, die in Deutschland Aufnahme und Schutz suchen. Dies konterkariert den Geist des Grundgesetzes, an den zuletzt feierlich erinnert wurde.“

Kontakt für Presseanfragen: info@rat-fuer-migration.de  |  030 2088 8480

Die Pressemitteilung als pdf finden Sie hier.